Designschutz – Reparaturklausel gescheitert

Designschutz - Reparaturklausel gescheitert

Die Reparaturklausel, die die Monopolstellung der Fahrzeughersteller in großen Teilen des Ersatzteilmarktes gekippt und zu einer Liberalisierung des Marktes geführt hätte, scheint fürs Erste vom Tisch zu sein, nachdem die Europäische Kommission am 21.05.2014 die Novellierung der EU-Designrichtlinie (98/71/EG) abgelehnt hat. Was das für Sie als Autofahrer bedeutet, erfahren Sie im folgenden Artikel.

Beim Designschutz handelt es sich um ein Schutzrecht, das dem Inhaber eines bestimmten Designs dessen alleinige Nutzung zuspricht. Da ästhetische Gestaltungen nicht in den Patent- und Gebrauchsmusterschutz fallen, haben deren Inhaber die Möglichkeit, sie durch eine Eintragung in das Designregister gegen Nachahmung zu schützen. Neuheit sowie Eigenheit sind die Voraussetzungen für die Eintragung eines Designs in das Designregister. Dies heißt konkret, dass vor dem Erscheinen des einzutragenden Designs kein identisches Design veröffentlicht werden durfte, und dass es sich hierbei um ein vollkommen eigenständiges Design handeln muss. Was sich so weit vollkommen nachvollziehbar und berechtigt anhört, nimmt in der Automobilindustrie jedoch durchaus bedenkliche Auswüchse an.

So wirkt sich der Designschutz auf die Automobilindustrie aus

In der Automobilindustrie kommt der Designschutz bei Neufahrzeugen zum Tragen. Hier ist diese Regelung auch durchaus begrüßenswert, denn sie schützt innovative Designs und sichert dem Käufer eine große Auswahlmöglichkeit an verschiedenen ästhetischen Formen. Darüber hinaus weiten Autohersteller den Designschutz jedoch auch auf die sichtbaren Autoersatzteile wie zum Beispiel Scheinwerfer, Außenspiegel, Kotflügel und Verglasung aus. So ist auch das Design dieser Ersatzteile, deren Form aus Sicherheitsgründen ohnehin nicht verändert werden darf, geschützt. Diese Vorgehensweise verleiht den Autoherstellern eine Monopolstellung und schließt freie Anbieter weitestgehend vom Markt aus. Diese Vorgehensweise verhindert gesunden Wettbewerb und schädigt vor allem mittelständische Betriebe aus der Autoersatzteilbranche. Zwar gibt es eine unverbindliche Zusage der Automobilindustrie, das durch den Designschutz auf sichtbare Autoersatzteile de facto entstehende Monopol nicht auszuüben, dieser Umstand setzt die freien Anbieter dennoch der Willkür der Autohersteller aus.

Diese Folgen hat der Designschutz sichtbarer Autoersatzteile für Sie als Endverbraucher

Nicht nur mittelständische Ersatzteilhersteller leiden unter dem Designschutz sichtbarer Autoersatzteile, sondern auch Sie als Endverbraucher. Letzten Endes sind Sie es, der aufgrund der nicht vorhandenen Wahlfreiheit bei Reparaturen zu den einzig erhältlichen Ersatzteilen greifen muss – nämlich zu jenen des Autoherstellers. Hier entfällt der Wettbewerb als Reglementierung und Schutz der Verbraucher in vielen Fällen völlig, sodass die Automobilhersteller ihre Monopolstellung ungestört ausnutzen können. Vergleicht man die Preise für sichtbare Autoersatzteile in Ländern mit Designschutz mit den Preisen in Ländern, in denen diese Ersatzteile nicht dem Designschutz unterliegen, zeigen sich Differenzen von bis zu 40 Prozent zuungunsten der Länder mit Designschutz. Somit sind letztendlich wieder Sie als Verbraucher der Leidtragende dieser Politik, denn Sie müssen für Autoersatzteile tiefer in die Tasche greifen.

Gibt es auch Gründe, die für einen Designschutz sichtbarer Autoersatzteile sprechen?

Die Automobilindustrie führt immer wieder Gründe Pro-Designschutz an. Hauptsächlich argumentiert sie damit, dass nur auf diese Weise minderwertige und unsichere Ersatzteile vom Markt ferngehalten werden können. Letzten Endes diene der Designschutz vor allem dazu, den Autofahrer vor minderqualitativen Ersatzteilen zu schützen. Was diese Argumentationsweise besonders pikant macht: Sicherheitsrelevante Bauteile wie etwa Bremsscheiben und Bremsbeläge unterliegen nicht dem Designschutz. Sie sind von zahlreichen verschiedenen Anbietern erhältlich und müssen ein streng geregeltes, staatliches Typengenehmigungsverfahren durchlaufen, ehe sie auf dem Markt angeboten werden dürfen. Allein diese Tatsache führt die Argumentation der Automobilhersteller hinsichtlich des Designschutzes sichtbarer Autoersatzteile völlig ad absurdum. Somit gibt es außer den wirtschaftlichen Interessen der Automobilhersteller keinerlei Gründe, die für den Designschutz sichtbarer Autoersatzteile und gegen die Reparaturklausel sprechen. In Deutschland angebotene Ersatzteile freier Hersteller und Händler stehen jenen der Automobilhersteller in nichts nach und bieten Ihnen dieselbe hervorragende Qualität.

Eindeutige Argumente sprechen für die Reparaturklausel

Sowohl der Gesamtverband des Autoteile-Handel e.V. als auch der ADAC haben bereits lange eine Aufhebung des Designschutzes für sichtbare Autoersatzteile gefordert. So sollen durch die Reparaturklausel nicht nur Verbraucher entlastet, sondern auch mittelständische Betriebe gestärkt werden. Auf diese Weise könnten außerdem zahlreiche Arbeitsplätze geschaffen und geschützt sowie Deutschland als Industriestandort gestärkt werden. Wissenschaftliche Untersuchungen des Münchner Max-Planck-Institutes für Geistiges Eigentum, Wettbewerbs- und Steuerrecht belegen eindeutig eine Übereinstimmung der Reparaturklausel mit dem in Deutschland geltenden Schutz des geistigen Eigentums. Laut Untersuchungen des Instituts für Wirtschaftspolitik der Universität zu Köln würde die Einführung der Reparaturklausel auch einen positiven Effekt auf die Beschäftigungslage in Deutschland mit sich bringen. Dies wird vor allem auch damit begründet, dass die Ersatzteilindustrie rund 90 Prozent ihrer Produkte im Binnengebiet der EU anfertigt, während Automobilhersteller nur rund 60 Prozent ihrer Ersatzteile innerhalb Europas herstellen. Aus volkswirtschaftlicher Sicht gibt es daher keine Alternative zur Reparaturklausel.

Die aktuelle Situation

Mit 21.05.2014 hat die Europäische Kommission die Neugestaltung der EU-Designrichtlinie offiziell zurückgezogen. Dies bedeutet, dass den Forderungen nach einer Liberalisierung des Ersatzteilmarktes, wie sie so viele Organisationen aus Wirtschaft und Wissenschaft gefordert hatten, nicht entsprochen wurde. In der Praxis heißt dies, dass Automobilhersteller weiterhin ein Quasi-Monopol auf sichtbare Ersatzteile haben. In weiterer Folge sind andere Ersatzteilanbieter weiterhin völlig der Willkür der Automobilhersteller ausgesetzt und müssen ständig mit Abmahnungen rechnen, sollten sie Kotflügel, Scheinwerfer und Co. produzieren und anbieten. Sie als Endverbraucher werden auch in Zukunft kräftig zur Kasse gebeten. Nichtsdestotrotz gibt sich der Gesamtverband Autoteile-Handel e.V. nicht geschlagen und hat bereits angekündigt, sich weiterhin für eine Abschaffung des Designschutzes für sichtbare Autoersatzteile einsetzen zu wollen.

Artikelbild: © Demeshko Alexandr / Shutterstock

Hinweis: Die Benutzung unseres Magazins geschieht auf Risiko des Nutzers. Wir übernehmen keinerlei Haftung für jegliche Art von Schäden, die sich aus dem Gebrauch der hier veröffentlichten Informationen ergeben könnten. Sollten Sie sich unsicher sein bezüglich Reparatur- oder Umbaumaßnahmen, fragen Sie in einer kompetenten Werkstatt in ihrer Nähe um Rat.